Scabies


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Krätze (Scabies) ist eine weltweit verbreitete hochinfektiöse Hautkrankheit, die von Mensch zu Mensch durch weibliche befruchtete Krätzmilben übertragen wird.

 

Entstehung und Entwicklung der Krankheit (Pathogenese)

Die weibliche Milbe durchbohrt die Epidermis (Oberhaut) beim Betroffenen an Hautregionen mit erhöhter Körpertemperatur. Hier bildet sie täglich neue, Millimeter lange geschlängelte Bohrkanäle zur Ei- und Kotablage. Am Ende des Bohrkanals befindet sich die weibliche Milbe im sogenannten Milbenhügel, der durch eine gelbliche Erhebung auffällt. Da die Milben auf Sauerstoff angewiesen sind, erfolgt der Prozess an der oberflächlich gelegenen Hornschicht der Haut. Die Parasiten ernähren sich von Lymph- und Hautzellen. Die männliche Milbe, mit kürzerer Lebensdauer, befindet sich lediglich auf der Hautoberfläche.

Die Zeitspanne zwischen Infektion und Auftreten erster Hautsymptome (Inkubationszeit) beträgt in der Regel etwa vier bis acht Wochen. Dabei spielt ein gut funktionierendes Immunsystem zur Abwehr körperfremder Substanzen und notwendige präzise Hygienemaßnahmen der Körperpflege wie häufiges Duschen oder Baden für die Inkubationszeit und für eine Reduzierung einer rasanten Vermehrung der Milben eine wichtige Rolle.

 

Ursachen der Scabies

Als Ursache (Ätiologie) kommt eine Infektion von Mensch zu Mensch durch engen Hautkontakt infizierter Personen von Familienangehörigen, in Wohngemeinschaften, Pflegeheimen, Schulen und Kindergärten infrage. Ebenso führt die Benutzung von mit Parasiten verschmutzter Wäsche zur Infektion. Ferner kann eine Übertragung durch sexuellen Kontakt geschehen, sodass die Scabies auch zu den Geschlechtserkrankungen zählt. Von den Parasiten bevorzugt werden Menschen mit einem geschwächten Immunsystem wie zum Beispiel HIV-Infizierte.

 

Lokalisation und Symptome

Besonders sind Zwischenräume der Finger und Zehen (Interdigitalräume) befallen. Zu weiteren Regionen gehören Achselhöhle, Ellenbeuge, Unterarme, Handgelenke (Abb. 1), Nabel, Brustwarzenhof, Kniekehle, Fußränder und Genitalien (besonders Penis). Atypisch ist ein Hautbefall im Gesicht, Kopf oder Rückenpartie. Mehrere winkelig abgeknickte Milbengänge in der Haut und an deren Ende der typische gelbliche Milbenhügel, in der sich die Milbe befindet, fallen bei der Inspektion sofort auf (Abb. 2). Die Hautveränderungen ähneln einem entzündlichen Hautausschlag (Exanthem) mit heftigem Juckreiz, der verstärkt in der Nacht auftritt, da bekanntlich Bettwärme die Juckreizschwelle zu diesem Zeitpunkt senkt. Des Weiteren sind deutliche striemenartige Kratzspuren, Krusten und Pusteln (mit Eiter gefüllte Bläschen) in den befallenen Regionen zu erkennen (Abb. 3).

Durch häufiges Kratzen des Betroffenen und mangelhafte Hygiene besteht die Gefahr einer bakteriellen Superinfektion, wodurch Abszesse, Wundrose (Erysipel), Lymphknotenentzündung (Lymphadenitis) und letztlich eine lebensgefährliche Blutvergiftung (Sepsis) entstehen können.

 

Diagnostik

Typische Symptome der Haut mit heftigem Juckreiz, bräunlichen Knötchen (Papeln), winkelig abgeknickten Gängen und zahlreichen Kratzspuren weisen bereits bei der Inspektion auf eine vorliegende Krätze hin. Eine partielle (teilweise) tangentiale Abtragung eines in der Haut liegenden Gangs und anschließender mikroskopischer Untersuchung bestätigen die Diagnose Scabies. Mithilfe der sogenannten Tintenmethode erfolgt die Darstellung der geschlängelten Bohrkanäle. Dabei wird etwas wasserlösliche Tinte auf eine intakte Papel getropft. Anschließend wird die Tinte mit einem Alkoholtupfer oberflächlich abgewischt. Nun zeigt sich eine bläuliche Verfärbung im Bohrkanal.

Ein weiterer Nachweis der Krätzmilbe ist mit einem Tesafilmabriss möglich. Dazu wird eine Papel mit einem Tesafilmklebestreifen bedeckt und dieser ruckartig entfernt. Milben, deren Produkte wie zum Beispiel Eier, Larven und Kot sind mikroskopisch am Tesafilmstreifen deutlich zu erkennen. Letztlich kommt eine Abtragung des Milbenhügels, indem sich die Milbe befindet, in Betracht. Zur exakten Beurteilung der Hautoberfläche und deren Feinstrukturen dient die Auflichtmikroskopie (Epilumineszensmikroskopie) mit sehr hellem Licht.

 

Therapie der Krätze

Oberste Priorität haben streng einzuhaltende Hygienemaßnahmen. Wichtig ist, dass nicht nur der Betroffene gegen Krätze behandelt werden muss, sondern auch alle Kontaktpersonen, zum Beispiel Familienmitglieder, Personen in Wohngemeinschaften, Pflegeheimen, Schulen und Kindergärten.

Bei Erwachsenen und Kindern ab zwei Jahren kommt zur lokalen und externen antiparasitären Behandlung in der Regel einmalig Permethrin-Creme (5 %) infrage. Es handelt sich bei dem Mittel um ein Insektizid mit hohem Wirkungsgrad gegen Krätzmilben. Säuglinge und Kleinkinder bis zum 23. Lebensmonat sollten nur unter strenger engmaschiger ärztlicher Kontrolle mit Permethrin-Creme behandelt werden. Es ist darauf zu achten, dass infizierte Kinder über 2 Jahre und ebenso Erwachsene den gesamten Körper eincremen. Allerdings sollten Augen- und Mundpartie vom Eincremen ausgespart bleiben. Die Einwirkzeit der Creme auf der Haut sollte mindestens acht Stunden betragen. Günstig erscheint demzufolge die Behandlung zur Nacht. Anschließend wird die Creme durch Duschen oder Waschen mit Wasser und Seife entfernt. Ferner sind eine sorgfältige Reinigung und Kürzung der Nägel notwendig. Während der Schwangerschaft oder Stillzeit besteht eine Anwendungsbeschränkung. Entweder ist die Stillzeit zu unterbrechen oder die Abstillung zu empfehlen.

Eine weitere lokale Behandlung kann mit einer Creme mit dem Wirkstoff Crotamiton erfolgen – einmal pro Tag und die Wiederholung an 3 bis 5 aufeinander folgenden Tagen, je nach Therapieerfolg. Augen-, Mund- oder Nasenkontakt mit der Creme sollte vermieden werden. Glukokortikoide sind kurzzeitig bei ekzemartigen Veränderungen zur lokalen Anwendung empfehlenswert.

 

Tipps für Mitarbeiter in Wohngemeinschaften

Eine Aufklärung des Betroffenen über strikt einzuhaltende Hygieneregeln sollte sofort erfolgen. Dazu gehören täglicher Wechsel der Leib- und Bettwäsche. Eine Isolierung des Infizierten ist bei unzulänglicher Körperhygiene angebracht. Des Weiteren steht eine intensive individuelle Hautpflege zur Vermeidung allergischer Reaktionen der Haut auf notwendige Insektizide im Vordergrund. Die Pflege durch geschultes Personal erfordert die Anwendung von Schutzkittel und Einmalhandschuhen.

Zur Entsorgung kann infizierte Wäsche kurzzeitig in verschlossenen Kunststoffsäcken gelagert werden. Die Lebensdauer der Milben beträgt ohne den menschlichen Wirt und demzufolge ohne Nahrung, bei gewöhnlicher Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit, in der Regel zwei bis drei Tage. Um weitere Infektionen zu vermeiden, sind nach Abschluss der Behandlung des Betroffenen Wäsche, Bett und Matratze chemisch oder chemisch-thermisch zu desinfizieren. Ebenso sind kontaminierte Gegenstände sofort zu desinfizieren.

Besuche in Gemeinschaftsräumen wie zum Beispiel Pflegeheimen oder anderen Wohngemeinschaften erweisen sich während einer antiparasitären Therapie als ungünstig. Für infizierte Beschäftigte in Einrichtungen sind der Kontakt, die Betreuung und die Versorgung von Säuglingen, Kindern, Jugendlichen und Pflegepersonen untersagt. Ferner ist für Menschen mit Scabies die Benutzung von Gemeinschaftsräumen in Wohngemeinschaften abzulehnen. Bei Verdacht an Krätze erkrankter Personen, bereits Infizierter oder infizierter Mitarbeiter in stationären Pflegeeinrichtungen ist die Leitung unverzüglich zu informieren und den Verdachtsfall an das zuständige Gesundheitsamt (Infektionsschutzgesetz, IfSG §36 Absatz 3a) zu melden.

 

Praxiswissen zur hochinfektiösen Scabies für Fußprofis

Bei Verdacht auf Krätze ist eine podologische Behandlung absolut tabu. Kontaminierte Gegenstände wie zum Beispiel benutzte Stühle, Tisch, Türen oder Toiletten sind sofort zu desinfizieren. Eine gründliche Händedesinfektion schließt sich an. Der Fußprofi sollte eine umgehende Konsultation zur Abklärung der Diagnose und einer zeitnahen unverzichtbaren Therapie beim Dermatologen empfehlen.

 

Fallbeispiel

Abb-1

Abb. 1: Scabies an der Hand bei einer 34-jährigen Frau zeigt einen Befall interdigital am II. und III. Finger und am Unterarm. Es bestand mehrfacher Kontakt mit der 3-jährigen an Krätze erkrankten Tochter des Cousins.

Abb2

Abb. 2: Die Ausdehnung der Parasiteninfektion bestand bei derselben Patientin außerdem am linken Fußrücken und an beiden Unterschenkeln mit deutlichen Kratzspuren.

Abb3

Abb. 3: Mehrere lange Bohrkanäle befinden sich in der ventralen Region des Unterschenkels mit massiven Kratzspuren, infolge intensiven Juckreizes, nach Angaben der Betroffenen besonders nachts.

Unsere Autorin

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Dr. med. Renate Wolansky
Fachärztin für Orthopädie, Sportmedizin, Naumburg