Ichthyose - Schuppen wie ein Fisch


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Bei Ichthyosen handelt es sich um einen Sammelbegriff von Verhornungsstörungen, meistens aufgrund eines Gendefekts (schadhafte Erbanlage). Das Krankheitsbild Ichthyose wird auch als Fischschuppenkrankheit bezeichnet. Typisch sind großflächige, schuppenartige Verhornungsstörungen der Haut (Abb.1).

 

Grundlagen zum Organ Haut

Mit vielen Funktionen ist die Haut das größte Organ des Menschen. Als dehnbare und elastische Hülle bedeckt und schützt sie den Körper mit einer Fläche von etwa zwei Quadratmetern bei mittlerer Körpergröße.

Als lebenswichtiges Organ dient sie:

  • zum Schutz vor chemischen, mechanischen und thermischen exogenen Einwirkungen;
  • als Speicherorgan durch Einlagerung von Fettgewebe;
  • zur Wärmeregulation durch Blutgefäße und Schweißsekretion;
  • als Sinnesorgan durch Wahrnehmung einer Vielzahl von Reizen;
  • durch Absonderung von Hauttalg (Sebum cutaneum) bleibt sie geschmeidig.

Ätiologie und Pathogenese

Bei einer Ichthyose ist das Gleichgewicht von Erneuerung und Abschilferung der Zellen gestört. Dabei stauen sich die Zellen in der Hornschicht auf. Entweder werden ursächlich neue Zellen zu schnell gebildet oder der natürliche Prozess der Abschuppung vollzieht sich verlangsamt. Des Weiteren können beide Ursachen auch zusammentreffen. Meistens liegt der gestörten Balance zwischen Erneuerung und Abschilferung von Hautzellen ein Gendefekt zugrunde. Von dieser Form ist besonders das Säuglings- oder frühe Kindesalter betroffen. Außerdem können nicht genetisch bedingte Ichthyoseformen bei verschiedenen Grundkrankheiten wie zum Beispiel durch Stoffwechselerkrankungen, Schilddrüsenunterfunktion, malignen (bösartigen) Tumoren, Dialyse (Blutwäsche) oder Vitaminmangel als Begleiterkrankung auftreten.

 

Einteilung der Ichthyosen

  1. Primär erblich bedingte Ichthyosen
    Diese Form liegt bereits bei der Geburt oder spätestens in den ersten Lebensmonaten mit typischen Verhornungsstörungen vor.

    Eine Unterteilung erfolgt in:
    1 a) nicht bullöse (nicht blasenartige) oder lamelläre Form, bei der die weißlichen Schuppen im späteren Alter bräunlich mit schmerzhaften Blasen an den Fußsohlen erscheinen.
    1 b) seltenere bullöse Form – entweder dem sogenannten Collodium Baby, einer milden Form mit typischer Pergamenthaut oder dem sogenannten Harlekin-Fetus, der schwersten Form mit panzerartigen Schuppen am gesamten Körper, fischmaulähnlichen wulstigen Lippen und Ektropium der Augenlider (Umstülpung der Augenlider nach außen).
    1 c) Ichthyosis vulgaris, die meistens erst im ersten Lebensjahr auftritt und vor allem das männliche Geschlecht betrifft.

  2. Sekundär nicht geschlechtsgebundene Ichthyose, die als Folge einer Grundkrankheit begleitend auftreten kann (s. Ursachen).

Klinische Symptome

Die Hautschuppen erscheinen trocken mehlstaubartig mit dunkelgrauen Erhebungen am gesamten Körper (Abb. 2 a und b, Abb. 3 a und b). Zusätzlich fallen vertiefte grobe Hautfurchen an den Fußsohlen und Handinnenflächen auf. Ellen- und Kniebeuge bleiben meistens frei.

Alle Formen der Ichthyose gehen außerdem mit Störungen der Schweiß- und Wärmeregulation einher. Bei körperlicher Überanstrengung und Überwärmung, besonders im Sommer, kann es zum Hitzestau kommen. Deshalb ist eine genügende Flüssigkeitszufuhr notwendig. Da sich schon nach kurzen Gehstrecken bei der bullösen Form massive Blasen an den Fußsohlen mit Infektionsgefahr bilden, sollten frühzeitig Druckschutzmittel (z.B. GEHWOL Druckschutz aus Polymer-Gel) verwendet werden.

 

Diagnostik

Nach einer ausführlichen Befragung der Familien- und Eigenanamnese steht eine präzise Blickdiagnose an. Dabei legen sichtbare Hautveränderungen wie zum Beispiel Farbe, Größe und Verteilung der Schuppen den Verdacht auf eine Ichthyose nahe. Oftmals ist auch der Kopf von massiven dunkelbraunen Schuppen befallen (Abb. 4). Durch Kratzen an der Haut bildet sich häufig eine deutlich weißlich-staubige Spur. Zur sicheren Abklärung der Erkrankung kommen eine Biopsie (Probeentnahme von Gewebe) und genetische Analysen in Bezug auf eine zugrundeliegende Chromosomenstörung (Träger des Erbguts) in Betracht.

 

Therapiebegleitende Hautpflege

Zur Linderung der Beschwerden kommt bei einer primären Ichthyose eine symptomatische Therapie infrage. Ziel der Behandlung ist es, die Schuppen zu lösen und die trockene Haut auf Dauer geschmeidig zu halten, um vor allem drohende Rhagaden (Schrunden) mit Infektionsgefahr abzuwenden. Dazu ist eine tägliche gewissenhafte und intensive Hautpflege mit rückfettenden Salben, Cremes oder Lotionen ohne Duftstoffe mit Ureazusatz (Harnstoffzusatz) hilfreich (z.B. GEHWOL MED Lipidro Creme oder bei empfindlicher, geröteter oder juckender Haut GEHWOL MED Sensitive).

Kurzzeitige Ölbäder (z.B. GEHWOL FUSSKRAFT Soft Feet Pflegebad mit Mandelöl) oder Duschen mit pH-neutraler Waschlotion dienen zur Entfernung der Schuppen und Salbenreste. Mithilfe eines Hornhautschwamms oder Waschhandschuhs können die Schuppen vom Betroffenen anschließend selbst entfernt werden. Weitere Wirkstoffkomplexe mit Milchsäure oder Glycerin (z.B. GEHWOL FUSSKRAFT Hydro Lipid Lotion) erweisen sich für die notwendige Behandlung der trockenen Haut als günstig.

Einen modernen, hochinnovativen Ansatz der therapiebegleitenden Pflege vor allem stark ausgeprägter trockener Haut bieten Lipid-Vitamin-Komplexe mit Sojalecithin. Hierbei handelt es sich um hautidentische Lipide mit Emulgator-ähnlichen Eigenschaften. Sie gleichen Strukturdefekte in der Hautbarriere aus und machen diese geschmeidig, ohne zu fetten. Im Gegenteil: Durch die Emulgatorwirkung der liposomalen Formulierung ziehen die Wirkstoffe besonders schnell in die Haut ein, was die Anwendung besonders angenehm macht. Seit kurzem stehen liposomale Formulierungen mit pflanzlichem Lecithin auch für die Fußpflege zur Verfügung (neu seit März: GEHWOL FUSSKRAFT Repair Creme).

Bei ausgeprägtem Befund kommt eine systemische Retinoidbehandlung (Vitamin-A-Säure-Derivate wie zum Beispiel Acitretin) mit keratolytischer (Hornhaut auflösender) und verhornungshemmender Wirkung in Betracht. Allerdings sollte wegen möglicher Nebenwirkungen eine Behandlung mit Retinoiden abgewogen werden. Ein Aufenthalt am Toten Meer hat einen günstigen Einfluss auf die trockene, schuppige Haut.

Behandlungen vom Fußprofi beinhalten vor allem die mechanische Entfernung der Schuppen, Hyperkeratose, Callositas, Clavi und die Behandlung von Rhagaden (Schrunden). Des Weiteren erhalten Betroffene wichtige Tipps zur häuslichen Fußpflege, die konsequent umgesetzt werden sollten.

 

Prognose

Der Verlauf der Fischschuppenkrankheit gestaltet sich je nach der vorliegenden Form unterschiedlich. Eine günstige Prognose ist bei der häufiger vorkommenden Form, der Ichthyosis vulgaris, möglich. Hierbei kommt es zu einem milderen Verlauf, wobei die Hautveränderungen und Schmerzen mittels einer symptomatischen Behandlung mit der Zeit abnehmen. Ausgeprägte Ichthyosen erfordern meistens eine lebenslange symptomatische Behandlung. Die extrem seltene Harlekin-Ichthyose kann bereits nach der Geburt lebensbedrohliche Folgen haben.

 

Fallbeispiel

Abb-1a

Abb. 1
Bei einer 38-jährigen Frau mit primärer Ichthyosis congenita bestanden bereits als Säugling eine auffällige Pergamenthaut, schwarz-graue schuppige Hyperkeratose in der Gesäß-, Lendenwirbel- und Oberschenkelregion.

Abb2a
Abb2b

Abb. 2 a und b
Beide Unterschenkel weisen trockene Schuppen und Kratzspuren durch starken Juckreiz auf.

Abb3

Abb. 3 a und b
Schuppige Areale an beiden Füßen.

Abb4

Abb. 4
In der Kopfregion sind großflächige dunkelbraune Schuppen sichtbar.

Unsere Autorin

MR-2

Dr. med. Renate Wolansky
Fachärztin für Orthopädie, Sportmedizin, Naumburg