Viele Hautirritationen und -krankheiten gehören zum Alltag in der Fußpflegepraxis, andere sind sehr selten. So etwa die bullösen Autoimmundermatosen. Was hat es damit auf sich?
Bullöse Autoimmundermatosen – schon der Name ist ein Zungenbrecher, und die Krankheiten, die sich hinter diesem medizinischen Fachbegriff verbergen, sind nicht weniger komplex. Kurz gesagt handelt es sich dabei um eine Gruppe von mehr als 20 verschiedenartigen, seltenen Krankheitsbildern, bei denen sich körpereigene Antikörper gegen bestimmte Strukturen der Haut richten. Die Antikörper attackieren entweder Bestandteile der Oberhaut (Epidermis), die sogenannten Desmosomen, oder Bestandteile der Basalmembran, die Ober- und Lederhaut voneinander trennt. Der Begriff bullös, der übersetzt „blasig“ bedeutet, verrät schon viel über die charakteristischen Symptome dieser vielgestaltigen Hautleiden: Klassische Erkennungsmerkmale sind Blasen oder Erosionen an der Haut, die sich mitunter auch an den Füßen zeigen und/oder an den Schleimhäuten. Sie entstehen, weil sich die oberen Hautbestandteile von darunterliegendem Gewebe ablösen.
Abwehr auf Irrwegen
Wie alle Erkrankungen, bei denen unser Immunsystems fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift, gehören auch die bullösen Autoimmundermatosen, kurz BAID, zur großen und facettenreichen Familie der Autoimmunkrankheiten. Verglichen mit weit verbreiteten, mittlerweile intensiv erforschten Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose, entzündlichem Rheuma, Typ-1-Diabetes oder Schuppenflechte (Psoriasis) sind BAID (noch) recht unbekannt. Grund genug, die drei wichtigsten Vertreter einmal genauer vorzustellen.
Klassisches Altersleiden
Das bullöse Pemphigoid, kurz BP, ist mit jährlich circa zwei Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner zwar die häufigste BAID, aber dennoch eine seltene Erkrankung. Typisch für das Hautleiden sind prall gespannte Blasen, die mit einer klaren, zuweilen auch blutigen Flüssigkeit gefüllt sind, und mit heftigem Juckreiz einhergehen. Die Blasen, die überall am Körper lokalisiert sein können, heilen meist ohne Narbenbildung ab. Erosionen und Hautrötungen können ebenfalls auftreten, bei einem Teil der Patienten verläuft die Erkrankung ganz ohne Blasenbildung; bei manchen kommt es zu Erosionen der Schleimhäute. Überwiegend älteren Menschen jenseits des 60. Lebensjahres macht das bullöse Pemphigoid zu schaffen, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 78 Jahren.
Die exakten Ursachen dieser bullösen Autoimmundermatose sind bislang nicht geklärt. Bestimmte Medikamente, vor allem sogenannte Gliptine zur Behandlung von Typ-2-Diabetes, scheinen das Risiko, daran zu erkranken, jedoch zu erhöhen. Zudem haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Menschen mit BP gehäuft mit bestimmten neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen zu tun haben, etwa mit Multipler Sklerose, Demenz oder Parkinson. Mögliche Zusammenhänge werden derzeit erforscht.
Das bullöse Pemphigoid bedarf einer maßgeschneiderten Behandlung mit Medikamenten für die innerliche und die äußerliche Anwendung. Zum Einsatz kommen unter anderen Kortisonpräparate, weitere entzündungshemmende Wirkstoffe sowie Immunsuppressiva, die die Aktivität des Immunsystems unterdrücken. Für die Lokaltherapie stehen unter anderem kortisonhaltige Salben zur Verfügung.
Selten, aber schmerzhaft
Schätzungsweise nicht mehr als fünf von einer Million Menschen erkranken pro Jahr neu daran – was zeigt, wie selten sogenannte Pemphigus-Erkrankungen sind. Sie treffen Männer und Frauen gleichermaßen und treten oft im mittleren Lebensalter zwischen dem 40. und 60. Geburtstag auf. Die häufigsten Varianten dieser schweren Autoimmundermatosen sind der Pemphigus vulgaris, kurz PV, und der Pemphigus foliaceus, kurz PF. Erstgenannter zieht immer die oberflächennahen Schleimhäute in Mitleidenschaft, vor allem die Mundschleimhaut ist betroffen. Schmerzen im Mund, Appetitlosigkeit und Schluckstörungen gehören zu den typischen Beschwerden. Zudem können sich meist schlaffe, flüssigkeitsgefüllte Blasen am Körper zeigen. Sie platzen rasch auf und hinterlassen schmerzhafte, nässende und krustige Haut. Im Gegensatz zum PV zeigt sich der Pemphigus foliaceus ausschließlich am Körper, die Schleimhäute sind nicht beteiligt. Klassischerweise treten Erosionen und blätterteigartige Krusten auf.
Abhängig von der individuellen Ausprägung der Pemphigus-Erkrankung werden verschiedene Therapiemaßnahmen kombiniert – Kortisonpräparate und Immunsuppressiva gehören dazu. Seit einigen Jahren sorgt zudem der biotechnologisch hergestellte Wirkstoff Rituximab für gute Behandlungserfolge. Der monoklonale Antikörper wird in Form von Infusionen verabreicht.