Patientenrechte – die informierte Einwilligung?

Patientenrechte – die informierte Einwilligung?


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Bild: littlewolf1989

Vom Begriff „Patientenrechtegesetz“ hat sicher jeder schon einmal gehört – schließlich sind wir nicht nur Behandelnde, sondern selbst auch immer wieder Patienten. Wer sich in der Rechtslage auskennt, ist klar im Vorteil, denn damit sind unter anderem Begriffe wie „Informierte Einwilligung“ oder, ganz modern, „Informed Consent“ verknüpft. Aber was bedeutet das genau für die Praxis?

 

Gesetzliche Grundlage

Das Patientenrechtegesetz regelt seit 2013 die vertraglichen Rechte und Pflichten für alle medizinischen Leistungen:

  • Aufklärung
  • Informationspflicht
  • Dokumentation
  • Haftung
  • Einsichtnahme in die Patientenakte
  • Behandlungsfehler

Die einzelnen Regeln sind kurzgehalten und auch für Menschen gut nachvollziehbar, die sonst nicht als Lieblingslektüre Gesetzestexte verschlingen. Für Betreiber von Gesundheitseinrichtungen ist die Kenntnis der Patientenrechte keine Kür, sondern eine Pflicht. Diese Regelungen gelten für jeden Bereich des Gesundheitswesens und sind ein rechtlicher Grundstein für unsere transparente, wertschätzende und patientenorientierte Arbeit.

 

Die informierte Einwilligung

„Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen.“1 Ausnahmen von dieser Regel sind Notfälle oder ein fehlendes „Einwilligungsvermögen“, sodass andere die Entscheidung im Sinne des Betroffenen treffen müssen.

Eine Maßnahme soll aber nicht nur hingenommen oder passiv zugelassen, sondern aktiv „abgenickt“ werden. Damit Betroffene eine bewusste und für sich bestmögliche Entscheidung – im Zweifel auch dagegen – treffen können, sind Gesundheitsdienstleister vorab zur Aufklärung über Kosten, Risiken und Erfolgsaussichten verpflichtet. In welcher Form die Information erfolgt, ist dabei nicht entscheidend, sondern vielmehr die neutrale, möglichst umfassende Bereitstellung von Wissen.

Eine Ablehnung der Behandlungsmaßnahme darf keine negativen Konsequenzen haben und muss jederzeit akzeptiert werden. Ebenso soll keine Beeinflussung stattfinden. Dieser Punkt ist sicher nicht 100prozentig umsetzbar. Schließlich ist jeder Behandler vom Erfolg bestimmter Maßnahmen mehr überzeugt als von den Alternativen und damit nie vollkommen neutral. Zwar freuen sich Betroffene oft über eine Empfehlung aus Erfahrung, trotzdem sollten diese frei entscheiden können.

 

Konkrete Tipps zur Umsetzung

Was sich vor allem nach viel Aufklärungsarbeit anhört, kann mit einigen Tipps einfacher umgesetzt werden:

  • Möglichst viel Aufklärung vor dem Erstkontakt: Eine Homepage kann sehr viele Fragen vorwegnehmen, z. B. welche Techniken häufig angewendet werden oder welche Schritte bestimmte Behandlungen enthalten. Wem das zu viel Aufwand ist, der kann auch am Telefon auf bereits bestehende Informationsseiten anderer Anbieter verweisen.
  • Checkliste für Beratungsgespräche und Erstkontakte mit Fragen wie:
    • Was muss im Erstkontakt besprochen und dokumentiert werden?
    • Welche Behandlungen sind in der Praxis häufig, die eine Information und aktive Einwilligung erfordern könnten?
    • Wie ist die Prognose, welche „Risiken und Nebenwirkungen“ gibt es?
    • Welche Kosten entstehen?
  • Neutral bleiben: Wir sind „nur“ der Überbringer von Information. Entscheiden müssen die Betroffenen, die schließlich auch mit ihren Füßen leben. Je drastischer die Maßnahme, desto klarer sollte der Entschluss dafür ausfallen. Soll der Pilznagel wirklich komplett abgeschliffen werden? Immerhin bleibt der Zeh monatelang ohne Nagel und obendrein erfolgt eine konsequente Mykosetherapie. Ist der Patient unsicher, sollte die Entscheidung lieber vertagt werden. Dem eigenen Ruf tut eine neutrale Grundhaltung gut, da Missverständnisse viel seltener vorkommen.
  • Behandlungsvertrag checken und ggf. differenzieren: Je nach Praxisausrichtung sind eigene Behandlungsverträge für bestimmte Therapiekategorien praktisch, die über Standards wie Datenblatt oder Vergütung hinausgehen. Warum nicht eine Spangenaufklärung verschriftlichen und vorab zusenden? Dann ist ein Gesprächsleitfaden für weitere Fragen ganz einfach. Dieser kann sogar unterschrieben und anschließend archiviert werden.

 

Im Zweifel lieber aufgeklärt

Natürlich macht es einen Unterschied, ob mir ein künstliches Hüftgelenk implantiert oder eine Ligasano-Tamponade gesetzt wird. Dennoch ist das Beraten über Prognosen, zu Risiken und das aktive, informierte Einwilligen in podologische Maßnahmen alles andere als trivial.

Zum einen fördern wir damit zufriedene, mitarbeitende, im wahrsten Sinne des Wortes aufgeklärte Patienten, die mit uns am gleichen Strang ziehen. Zum anderen verhindern wir Fehlentscheidungen und Missverständnisse. Denn Patienten sind uns immer dann wohlgesonnen, solange alles gut geht. Im Fall der Fälle hilft es aber, wenn wir Prozesse penibel einhalten und dokumentieren.

 

Quelle:

1 § 630 BGB, Behandlungsvertrag: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/BJNR001950896.html#BJNR001950896BJNG026900377

 

Unsere Autorin

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Anja Stoffel 
Physiotherapeutin und Podologin B.Sc. und sek. HP 
Fachdozentin und Praxisanleiterin für Berufe im Gesundheitswesen, Karlstein 
www.podovision.de
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