Sterilisation in Podologie und Fußpflege

Sterilisation in Podologie und Fußpflege

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Bild: Bojan89

Die Sterilisation ist ein zentraler Schritt zur Sicherstellung der Patientensicherheit. Viele Anwender in den Bereichen Podologie und Fußpflege sind jedoch unsicher, welche Regeln anzuwenden sind. Tatsächlich existieren unterschiedliche Vorgaben für beide Berufsgruppen und je nach Bundesland können sich darüber hinaus Detailfragen ergeben.

 

Was muss steril sein?

Zunächst müssen wir unterscheiden zwischen dem podologischen, d. h. medizinisch-therapeutischen Bereich und dem fußpflegerischen/kosmetischen Bereich. Podologen und Heilpraktiker führen medizinische Behandlungen durch und fallen damit in den Geltungsbereich der Medical Device Regulation (MDR) der EU. Sie müssen daher Medizinprodukte benutzen und unterliegen den Bestimmungen der entsprechenden deutschen Gesetzgebung. Gemäß § 8 Abs. 2 Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) kann die Aufbereitung als ordnungsgemäß angesehen werden, wenn die gemeinsame Empfehlung von KRINKO1 und BfArM2, kurz KRINKO-BfArM-Empfehlung, zur Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird. In dieser wird festgelegt, dass alle Medizinprodukte, die die Haut durchdringen, in Kontakt mit der Blutbahn oder Wunden kommen, vor der Anwendung sterilisiert werden müssen.3

Fußpfleger unterliegen diesen Vorgaben nicht, solange sie keine heilkundlichen Therapien durchführen.4 Für sie gelten die jeweiligen Bestimmungen der einschlägigen Länderhygieneverordnungen.5 Üblicherweise werden in diesen auch Fußpfleger, Kosmetiker, Piercer etc. zur Sterilisation verpflichtet, wenn Sie Tätigkeiten durchführen, bei denen eine Verletzung der Haut vorgesehen ist. Instrumente, die die Haut zwar verletzen können, mit denen dies aber nicht vorgesehen ist, dürfen i. d. R. keimarm (d. h. desinfiziert) zur Anwendung kommen.

Konkret auf diese Art vorgeschrieben ist dies in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz.

Die Bundesländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben keine dedizierte Hygieneverordnung für Fußpfleger, Kosmetiker etc. Es ist jedoch sinnvoll, den Vorgaben wie in den anderen Ländern zu folgen. Im Zweifelsfall berät die zuständige Aufsichtsbehörde, also i. d. R. das Gesundheitsamt, bei Fragen zur Hygiene.

 

Wie wird sterilisiert?

Im Fall der Podologie ist dies wieder mit einem Verweis auf die KRINKO-BfArM-Empfehlung zu beantworten. Die verbindlichen Vorgaben sind hier:

  • Vor der Sterilisation verpackt (unverpackte Instrumente sind NICHT steril)6
  • Grundsätzlich mit Dampfsterilisation der S- oder B-Klasse7
  • Dokumentiert8, das bedeutet unter anderem:
    • Auf der Verpackung: Chargennummer, Sterilisationsdatum, Haltbarkeit
    • Freigabeliste zur Bestätigung der erfolgreichen Aufbereitung jeder Charge
    • Verwendung von Chemoindikatoren zur Prozessüberprüfung
    • Chargennr. der verwendeten Produkte auf der Patientendokumentation
    • Aufbewahrung von Chargenprotokollen, Validierungsberichten

Für Fußpfleger und andere nicht-medizinische Berufe gelten diese Vorgaben nicht zwangsläufig. Hier ist auf den Wortlaut des Verordnungstextes zu achten:

  • Die Bundesländer Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen erlauben derzeit eine Sterilisation mit Heißluft; Berlin nur für Instrumente ohne Hohlräume. Die Instrumente sind jeweils zu verpacken und die Sterilisation mittels Routinekontrollen gemäß Herstellerangaben zu prüfen. Für die Bundesländer Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gilt zusätzlich die Pflicht zur halbjährlichen Prüfung der Sterilisatoren mithilfe von Bioindikatoren, die in einem Labor ausgewertet werden müssen.

  • Nordrhein-Westfalen untersagt die Verwendung von Heißluftsterilisatoren zum 15. Mai 2025. Hier sind explizit Dampfsterilisationsverfahren zu verwenden, wobei bei Bestandsgeräten sowohl die S- als auch B-Klasse zulässig sind. Neuangeschaffte Sterilisatoren müssen dem Typ B-Klasse entsprechen.9

  • In Baden-Württemberg, Hamburg, Saarland und Schleswig-Holstein müssen die Regeln der KRINKO-BfArM-Empfehlung gemäß den Vorgaben für Podologen angewendet werden. Dies beinhaltet alle oben im Rahmen der Podologie genannten Vorgaben inkl. der Validierungspflicht und schränkt die Verwendung von Heißluftsterilisation weitestgehend ein.

  • In Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind in Einzelfragen aufgrund fehlender Verordnungen wiederum die Aufsichtsbehörden zu befragen.

Unabhängig von landesspezifischen Regeln sind die Vorgaben des Herstellers zur Funktionsprüfung der Sterilisatoren (z. B. Vakuumlecktest) der Gebrauchsanweisung zu entnehmen und in jedem Bundesland zu befolgen.

 

In folgender Tabelle finden Sie eine Übersicht der häufigsten länderspezifischen Vorgaben. Es ist jedoch dringend angeraten, die jeweilige Hygieneverordnung (wo vorhanden) selbst auf weitere Vorgaben zu prüfen, die an dieser Stelle keinen Platz gefunden haben4. Bitte beachten Sie, dass es sich um den aktuellen Stand handelt und Veränderungen im Laufe der Zeit immer möglich sind. Prüfen Sie daher regelmäßig die Aktualität der Vorgaben.


Übersicht der Vorgaben zur Sterilisation für Fußpfleger (Stand März 2025)

Abb1

Legende: Grau: Fehlende konkrete Vorgaben
* Durch die Pflicht zur Anwendung der KRINKO-BfArM-Empfehlung ist die Sterilisation mit Heißluft weitestgehend eingeschränkt. Dampfsterilisationsverfahren sind zu bevorzugen.
** Eine Prüfung des Sterilisationsprozesses ist vorgeschrieben, ohne konkrete Angabe, ob Funktionsprüfungen gemäß Herstellerangaben ausreichend sind oder eine Validierung vorgesehen ist.

 

Quellen

1 Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut; 2 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 3 KRINKO-BfArM-Empfehlung, 1.2.1; Tab. 1; 4 Achtung: In Bundesländern Bremen und Saarland führt allein die Verwendung von Medizinprodukten unabhängig von den durchgeführten Tätigkeiten zur Pflicht, gemäß KRINKO-BfArM-Empfehlung aufzubereiten; 5 Eine Übersicht der Länderhygieneverordnungen finden Sie hier: https://www.hyg-blog.de/hygieneverordnungen-der-laender; 6 KRINKO-BfArM-Empfehlung, 2.2.4; 7 Die Auswahl der Klasse hängt vom Beladungsgut ab. Grundsätzlich dürfen Podologen in allen Bundesländern S-Klasse-Sterilisatoren benutzen, solange keine Hohlkörper sterilisiert werden. Heißluftsterilisation unterliegt strengen Regularien und darf im med. Bereich nur in Ausnahmefällen verwendet werden: KRINKO-BfArM-Empfehlung, 2.2.5, 8 KRINKO-BfArM-Empfehlung, 2.2.6; 2.2.7; 2.2.8; 9 Zu den Unterschieden der Sterilisatorklassen und weiteren Informationen zur rechtlichen Situation in NRW, siehe: https://www.hyg-blog.de/die-zukunft-der-s-klasse-sterilisation ; 10 Weitere Informationen zum Thema Validierung: https://www.gehwol.de/Academy/Aktuelles/Validierung-Wie-erfuelle-ich-die-gesetzlichen-Anforderungen

 

Unser Autor

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Sascha Ruß
Hygieneingenieur, B.Sc.
physikalisch-technischer Laborleiter,
Dozent für Hygiene und Mikrobiologie, Schlüchtern
www.hyg-blog.de