Erstbefund und Therapieplanung bei der Spangenbehandlung


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Die Befundungen in der Podologie haben eine sprunghafte Veränderung durchlaufen. Seit 2021 wurden vier verschiedene abrechnungsfähige Einheiten eingeführt. Von der positiven Entwicklung, aber auch vom Tempo und vom Begriffs-Wirrwarr kann es einem fast schwindelig werden! Dieser Beitrag soll aufzeigen, welche Regeln gelten und wie die erste Auftakt-Einheit mit den Patienten bestmöglich genutzt werden ka​​nn.

 

Der Rahmen hat sich geändert

In Bezug auf die Erstbefundung gilt seit dem 1. November 2023 die nachstehende Formulierung:

Die Erstbefundung umfasst neben der Anamnese und podologischen Befunderhebung die Aufklärung und Beratung über die Nagelspangenbehandlung sowie die Erstellung des Therapieplans mit Definition des Therapieziels. Soweit ein Patient bereits wegen anderer Leistungen (Podologische Behandlung oder andere Nagelspangenbehandlung) in Behandlung ist, ist die „Erstbefundung klein“ mit einer Regelleistungszeit von bis zu 20 Minuten abzugeben. Ansonsten kann die Leistung „Erstbefundung groß“ abgegeben werden, sie umfasst eine Regelleistungszeit von bis zu 45 Minuten. Die Erbringung der „Erstbefundung groß“ ist auf eine einmalige Abgabe im Kalenderjahr beschränkt.

 

Die Kernaussagen

Bereits in diesen drei Sätzen stecken wichtige Kernaussagen:

  • Die Beratung, die neben einer Spangen-Erstbefundung erfolgen soll
  • Die zeitliche Ausgestaltung 
  • Reglementierung der Abrechnung

Aufklärung und Beratung: Die Aufklärung und Planung der Therapie soll die wichtigsten Kriterien des Patientenrechtegesetzes ​​§ 630 BGB erfüllen, das seit 2013 für alle medizinischen Leistungen gilt. Es regelt die Aufklärung, Informationspflicht, Dokumentation, Haftung, Einsichtnahme in die Patientenakte und ​​Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler.

Die zeitliche Ausgestaltung: Die Zeitvorgaben sind inzwischen podologenorientiert gelöst worden, indem „bis-zu“ Formulierungen gewählt wurden. So entsteht bei einer möglichen Prüfung kein Schaden, selbst wenn keine 20 oder 45 Minuten geblockt wurden, solange die Aufklärung erfolgt und dokumentiert ist.

Reglementierte Abrechnung: Die große Erstbefundung erfolgt nur einmal pro Patient und Jahr, wenn keine anderen HMV-Leistungen ​​(Heilmittelkatalog) gleichzeitig anfallen.

 

Hohe Anforderungen in kurzer Zeit

Wie lassen sich Wirtschaftlichkeit, Notfallversorgung und ganz allgemein ein schnelles Tempo umsetzen, ohne die Pflichten aus dem Patientenrechtegesetz zu missachten? Mangelnde Kommunikation und Dokumentation von Therapievereinbarungen können zu Unzufriedenheit und Missverständnissen auf beiden Seiten führen, zumal ausgeprägte Schmerzen die Aufnahmefähigkeit der Patienten reduzieren. Überhört der Patient mündliche Informationen, führt dies nicht selten zur mangelnden Compliance, was wiederum für den Behandler ärgerlich ist.

 

Smarte Planung

Jeder Fuß-Profi hat einen Fahrplan im Kopf, welche Dinge therapeutisch wichtig sind, und wo Prioritäten gesetzt werden. Dieser Plan unterscheidet sich allerdings, und variiert mit unseren Erfahrungen. So kann es durchaus passieren, dass im gleichen Betrieb in jeder Kabine anders vorgegangen wird, was Therapeutenwechsel und eine gleichbleibende Behandlungsqualität schwierig macht. Außerdem kann die eigene Tagesform schwanken, oder chaotische, hektische oder Notfall-Situationen dazu führen, dass wichtige Dinge vergessen werden. Genau aus diesem Grund bieten sich Checklisten an, zum Nachvollziehen oder auch „richtig“ abhaken.

Hier ein Beispiel für eine Checkliste:

1. Anamnese und Befund

  • Was sieht-riecht-fühlt man?
  • Was berichtet Pat (chronisch-akut)?
  • Aufnahme-Dokumente ergänzen
  • Foto
  • Beratung Ursachen
  • Demonstration richtiger Nagelschnitt
  • Anleitung Tamponieren
  • Biomechanische Faktoren, Sport, Schuhe, Fuß-/ Zehenfehlstellungen?
  • Aufklärung und Einwilligung Therapie
  • Grenzen der Therapie (Prognose, Rezidive)
  • Tragehinweise unterschreiben

Wenn die erste Behandlung und Nagelkorrektur abgeschlossen ist (i.d.R. Nagelbearbeitung, Spange, Tamponieren), erfolgt die Planung der Zusatzmaßnahmen.

2. Zusatzmaßnahmen:

  • Zehenzwischenkeil?
  • Einlagen?
  • Tape?
  • Schuhe?
  • Sportkarenz?
  • Antiseptikum?
  • Besondere Pflege oder Behandlung Nagelfalz/Nagelplatte?
  • Arzt erforderlich?
  • Verantwortlichkeiten klar?
  • Hausaufgaben?

Weitere Hilfsmittel, die Zeit sparen, ohne die Qualität zu schmälern, sind Vorlagen für immer wieder genutzte Informationen oder solche, die Patienten gut zuhause lesen können. Dazu zählen zum Beispiel Tragehinweise, Hausaufgaben-Merkhilfen oder Informationen auf der eigenen Internetseite.

 

Zusammenfassung

Auch wenn der Befund manchmal fast wie im Schnelldurchlauf geht (man sieht ja, welches Problem besteht), ist die Ursachenforschung und die Beratung zur Therapie, zur Eigenbehandlung, zu Fehlerquellen, zur Prognose und Rezidiv-Vermeidung keine Kleinigkeit. Praxisinterne Therapiestandards sind dabei ein smartes Hilfsmittel, um vergleichbare Beratungs- und Behandlungsqualität trotz knapper Zeitressourcen in jeder Situation und Tagesform bieten zu können. Außerdem sind sie ein probates Hilfsmittel zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter und zur Praxisanleitung von Auszubildenden. Das erleichtert den Alltag enorm.

 

Quellen

Anlage 1b Leistungsbeschreibung (Nagelspangenbehandlung) zum Vertrag nach § 125 Absatz 1 SGB V über die Versorgung mit Leistungen der Podologie und deren Vergütung:
https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/ambulante_leistungen/heilmittel/vertraege_125abs1/podologie/20231030_Podologie_Anlage_1b_Leistungsbeschreibung_Lesefassung_.pdf

Patientenrechtegesetzes § 630 BGB:
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/BJNR001950896.html#BJNR001950896BJNG026900377

Unsere Autorin

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Anja Stoffel 
Physiotherapeutin und Podologin B.Sc. und sek. HP 
Fachdozentin und Praxisanleiterin für Berufe im Gesundheitswesen, Karlstein 
www.podovision.de
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