Unsere Mitmenschen laufen mit den unterschiedlichsten, manchmal fast lustig anmutenden Körperhaltungen durch die Welt. Die Ursachen liegen oftmals an erworbenen oder angeborenen Fußdeformitäten. Großen Einfluss üben auch Einlagen, Schuhe und Beinlängendifferenzen aus. Um herauszufinden, wie man richtig gehen sollte, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es gibt Fußschulen, wo Sie Ihren Patienten gezielte Kräftigungsübungen zeigen können oder Gangbildanalysen, Fußabdrücke etc. Das Wort Spiraldynamik (dreidimensionales, anatomisch-funktionell begründetes Bewegungs- und Therapiekonzept) ist mittlerweile in aller Munde und kann gut in die Praxis umgesetzt werden.
„Ein nützliches Hilfsmittel sind heutzutage digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA oder Health-App genannt). Manche Geräte haben bereits vorinstallierte Apps, andere lassen sich aus App-Stores herunterladen. Diese Anwendungen nutzen viele Menschen auf einem Smartphone und sie sammeln eine Vielzahl unterschiedlicher Daten – und zwar nicht nur Herzfrequenz, Schrittanzahl oder Cardiofitness, sondern auch Daten zum Bewegungsverhalten.
Anhand der Daten über die Gehgeschwindigkeit, Schrittlänge, asymmetrisches Gehen und die bipedale Abstützungsdauer kann ein Überblick des eigenen Gangbildes erstellt und bei Analyse über einen längeren Zeitraum, etwa 12 Monate, sogar das Sturzrisiko eingeschätzt werden. Dadurch, dass wir das Smartphone permanent bei uns haben, sind diese Daten umfassend.
Je mehr Sie körperlich aktiv sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass die Sturzerkennung aufgrund von Aktivitäten mit heftigeren Bewegungen, die wie Stürze wirken, ausgelöst wird. Um falsch erkannte Stürze zu reduzieren, kann die Sturzerkennung individuell ausgestellt werden, etwa nur für die Zeit des Trainings.
Die Gangart sagt eine Menge über die Person aus, und bei jedem ist sie so einzigartig wie ein Fingerabdruck. Wie gleichmäßig und effizient jemand geht, lässt sich durch verschiedene Gangmerkmale feststellen. Für eine bessere Stabilität beim Gehen braucht es Gleichgewicht und Effizienz.
Weshalb sollte die Stabilität beim Gehen kontrolliert werden?
Statistisch ist der Mensch über die Hälfte des Lebens in Bewegung. Dabei leisten die Füße wichtige Arbeit. Sie bilden das Fundament für sichere, beschwerdefreie Bewegungsabläufe. Das Muskel-, Nerven- und Skelettsystem wird beim Gehen beansprucht. Daher ist der Gang auch ein guter Indikator für unseren allgemeinen Gesundheitszustand. Medikamente, Verletzungen, Vorerkrankungen oder Sehverlust gehören zu den häufigsten Ursachen für eine Veränderung des Ganges und meist damit einhergehend der Fußstabilität. Sie nimmt oft auch im Zuge des Alterungsprozesses ab, der unsere Bewegungsfähigkeit und Kraft beeinflusst. Mit zunehmendem Alter verschlechtert sich z. B. der Gleichgewichtssinn, für den das System im Innenohr zuständig ist. Schreitet das weiter fort, droht die Innenohrerkrankung Morbus Menière. Falls keine Ursache für den Stabilitätsverlust zu finden ist, sollte unbedingt ärztliche Hilfe zurate gezogen werden.
Je früher die Stabilität beim Gehen erfasst wird, umso eher lassen sich negative Entwicklungen erkennen. Eine Verbesserung der Fußstabilität lässt sich durch konstantes Training erreichen. Das Stabilitätsniveau wird zum Beispiel durch ein spezialisiertes Training aus Kraft- und Gleichgewichtsübungen gesteigert. Therapiepläne können von ärztlicher Seite erstellt werden. Um nicht nur die allgemeine Beweglichkeit zu verbessern, sondern auch die Fußkraft zu steigern, sind auch Aktivitäten wie Yoga, Pilates oder Tai-Chi sehr sinnvoll. Mit speziellen Übungen kann jeder zudem zwischendurch den eigenen Füßen etwas Gutes tun:
- Wadenheber: Diese Übung stärkt die Muskeln im Unterschenkel. Zum besseren Halt verwenden Sie einen Stuhl oder halten sich am Waschbecken fest. Auf die Zehenspitzen stellen und wieder zurück auf die ganze Fußsohle.
- Seitliches Beinheben: Dies kräftigt die Hüftmuskeln. Auch hier anfangs am besten festhalten.
- Seiltänzergang: Einen Fuß direkt vor den anderen setzen, vor- und zurückgehen, wie auf einem Seil.
- Aufstehen aus dem Sitz in den Stand zur Stärkung der Muskeln in den Oberschenkeln.
Neben der Verbesserung der Fußstabilität gibt es noch weitere Möglichkeiten, das Sturzrisiko zu senken. Adäquate Schuhe mit flachen Sohlen und enganliegende Hosen sind empfehlenswert. Ältere Menschen sollten Teppiche mit doppelseitigem Klebeband befestigen oder entfernen. Kleine LED-Nachtlichter auf dem Weg in Richtung Bad während der Nacht sind sehr hilfreich. Stabile Haltegriffe neben Duschen und Badewannen sowie rutschhemmende Matten mindern ebenfalls Gefahren.
Wie lässt sich das Gangbild am besten einschätzen?
Beschwerden beim Gehen, Fußschmerzen oder Unsicherheiten beim Laufen deuten auf eine Fehlbelastung der Füße und muskuläre Dysbalancen hin. Das Gehen wird zum Problem! Eine Ganganalyse hilft, die Ursachen von Beschwerden oder Unsicherheiten zu erkennen und zu behandeln. Die Analyse ist für alle Arten und zur Prävention von Verletzungen (Sprunggelenk, Knie, Hüfte, Rücken, Schulter) geeignet, da sie die Ursachen für Schmerzen visualisiert und pro-aktive Maßnahmen einleiten kann. Leider werden die Kosten noch nicht von den Krankenkassen übernommen. Privatpatienten können die Kosten aber im Vorfeld mit ihrer Krankenkasse klären. Eine Ganganalyse kostet durchschnittlich zwischen etwa 70 und 100 Euro.
Wie wird eine Ganganalyse durchgeführt?
Es gibt verschiedene Formen von Ganganalysen, die sich im Laufe der Zeit durch die verbesserte Computertechnologie immer weiter verfeinert haben. Kernstück der Ganganalyse ist die visuelle Dokumentation des Bewegungsablaufs beim Gehen. Sie erfolgt meist auf einem speziellen Laufband. Dabei wird mithilfe von Kameras das Gehen bzw. Laufen von allen Seiten aufgezeichnet, und zwar einmal barfuß und einmal mit Schuhwerk.
Die Kamera-Aufzeichnung dauert einige Minuten, wobei der Betroffene auf der Haut an anatomisch wichtigen Stellen mit abwaschbarer Farbe Markierungen erhält, z. B. im Bereich der Achillessehne. Sie dienen zur Achsenbestimmung und als optischer Fixpunkt für die Filmaufzeichnung, die dann digital gespeichert und mit moderner Technik ausgelesen wird.
In einem weiteren Schritt kann über eine sogenannte Kraftmessplatte oder über elektrische Ableitungen der muskulären Aktivität, dem EMG, die Ganganalyse noch weiter „aufgefächert“ werden, was besonders bei schwierigen und neurologischen Beeinträchtigungen von großer Wichtigkeit ist.
Wozu dient die Bewegungsanalyse?
Die Analyse des Gangs auf dem Laufband liefert Informationen über:
- Schrittlänge
- Schrittfrequenz
- Gehgeschwindigkeit
- Gelenkwinkel bzw. die auf die Gelenke einwirkenden Kräfte
- Muskelaktivität
- Energieverbrauch
Es lassen sich auch Verletzungen wie Bänderrisse erkennen, die im Röntgenbild nicht immer leicht zu sehen sind. Gleiches gilt für Gelenkentzündungen und übermäßigem Gelenkverschleiß am Sprunggelenk (Arthrose).
Was sagt ein asymmetrischer Gang aus?
Ist das Gangbild gesund, ist die Schrittdauer bei jedem Fuß ähnlich. Wenn der Gang jedoch asymmetrisch ist, wird ein Fuß prozentual langsamer oder schneller als der andere Fuß belastet. Je niedriger also der Prozentwert für die Asymmetrie ist, desto gesünder ist das Gangbild. Ungleichmäßige Gangbilder, wie das Hinken, können ein Hinweis auf Verletzungen, Krankheiten oder andere gesundheitliche Probleme sein.
Häufig wird eine Physiotherapie empfohlen, um ein gleichmäßiges Gangbild zu erreichen. Aber auch Podologinnen und Podologen können dazu beitragen, Ihren Kunden zu einem gesünderen Gang zu verhelfen. Eine kleine Gehschule, ein geschulter Blick auf Gangart und Schuhwerk sowie Anleitung zu speziellen fußgymnastischen Übungen sind sehr hilfreich.
Die bipedale Abstützungsdauer
Die bipedale Abstützung ist der Moment beim Gehen, in dem beide Füße gleichzeitig Kontakt zum Boden haben. Je niedriger der Wert für die bipedale Abstützungsdauer ist, umso mehr ruht das Gewicht beim Gehen prozentual länger auf einem Fuß als auf beiden Füßen. Das kann ein Zeichen für ein besseres Gleichgewicht sein. Normalerweise liegt der umgerechnete Wert der Abstützungsdauer beim Gehen zwischen 20 % und 40 %.
Das Gehen erfordert Kraft und Koordination. Wenn einer dieser beiden Faktoren geändert wird, hat dies Einfluss auf das Gleichgewicht und die Dauer, in der beide Füße Bodenkontakt haben. Die bipedale Abstützungsdauer variiert abhängig von Untergrund und Geschwindigkeit. Sie erhöht sich mit zunehmendem Alter.
Gangstörung verschiedener Ausmaße
Für die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten ist es für Podologinnen und Podologen wichtig, Fachbegriffe zu verwenden. Daher hier noch einige Begriffserklärungen über den Gang:
Spastisch, ataktischer (unsicherer, schwankender, unkoordinierter) Gang: Verkrampfung der unteren Extremitätenmuskulatur mit teilweisem Zusammenziehen in den Fuß-, Knie- und Hüftgelenken.
Zerebellarer Gang: Unsicherer, taumelnder Gang, bedingt durch eine beidseitige Erkrankung des Kleinhirns. Bei einseitiger Schädigung konzentriert sich die Abweichung auf die erkrankte Seite.
Paretischer Gang: Diese variable Gangstörung ist abhängig vom jeweiligen Ausfall der Funktion der Beinmuskulatur. Auslöser ist eine schlaffe Lähmung.
Paraparetischer Gang: Erkennbar durch eine schleppende, langsame und schleifende Fortbewegung der Füße.
Seemannsgang – ataktischer Gang: Breitbeiniger, unsicherer Gang mit übertriebenen Bewegungen und unsanftem Aufsetzen der Füße. Die Koordination und das Gleichgewicht sind gestört.