Spangen und Hygiene

Spangen und Hygiene

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Bild: GEHWOL TECH

Nagelkorrekturspangen sind seit 2022 aus der Podologie nicht mehr wegzudenken. Obwohl sie von den meisten Podologen täglich angewendet werden, gibt es hygienische Überlegungen, die häufig nur wenig oder gar nicht beachtet werden.

 

Die Wahl und Art der Spange

Bereits mit der Auswahl der Spange treffen Podologen die erste wichtige Entscheidung für den Behandlungsverlauf. Der GKV-Vertrag gibt nur grundlegende Vorgaben – so sind auch Podologen, die mit der Kasse abrechnen, in der Wahl der Spange grundsätzlich frei. Die wesentlichen Spangenarten bieten dabei unterschiedliche Vor- und Nachteile.

Daher ist eine gründliche Inspektion der Behandlungsstelle wichtig für die Therapieentscheidung.

Bei unauffälligen Sulci können aus hygienischer Sicht Spangen jeder Art verwendet werden. Im Zusammenhang mit entzündeten Sulci oder Wunden sind jedoch insbesondere Drahtspangen als besonders heikel zu betrachten, da sie mit dem Drahtbügel unter den Nagel greifen und so im Sulcus möglicherweise Kontakt mit Wundgebiet haben können. Sollten aus therapeutischen Erwägungsgründen bei solchen Nägeln keine Klebespangen eingesetzt werden, so ist die Zweckbestimmung der Drahtspange zu prüfen. Der Hersteller eines Medizinprodukts muss explizit angeben, für welche Indikation eine Spange vorgesehen ist. Umfasst die Zweckbestimmung beispielsweise den Einsatz in Wundgebieten nicht oder schließt diesen sogar explizit aus, darf die Spange auch nicht in einem Sulcus mit Wunde verwendet werden. Leider zeigt sich, dass die konkrete Zweckbestimmung, insbesondere in Bezug auf die Angabe verschiedener Stadien des Unguis incarnatus, bei vielen Herstellern oft ungenau formuliert ist. Das erschwert den Anwendern die informierte Entscheidung. Im Zweifel ist beim Hersteller die Anwendbarkeit für konkrete Anwendungsszenarien zu erfragen. Nur so stellen Podologen sicher, auch im Falle einer Patientenschädigung voll über die Herstellerhaftung abgesichert zu sein.

 

Sterilität

Die Sterilität geht beim Thema Nagelspangenbehandlung oft unter. Jedoch ist die regulatorische Vorgabe eindeutig: Für Produkte, die mit Wunden in Kontakt kommen, sieht die KRINKO-BfArM-Empfehlung1 sterile Produkte vor. Somit ist für nicht-sterile und nicht-sterilisierbare Spangen eine Verwendung in Wundbereichen entweder auszuschließen oder konkret auf die Trennung der Behandlungsareale zu achten, z. B. durch sterile Tamponaden. Bei den sterilisierbaren Spangen sollte entsprechend den Herstellervorgaben vor einer solchen Verwendung eine Sterilisation durchgeführt werden. Kommt es im Laufe der Behandlung zu einer Infektion des eingewachsenen Nagels durch die unsterile Spange, ist dies ein Kunstfehler nach § 630h BGB. Wichtig: Wenn Hersteller keine Angaben zur Sterilisierbarkeit machen, dürfen die Produkte keinem Sterilisationsverfahren ausgesetzt werden, da sonst die physikalische und chemische Sicherheit der Produkte nicht mehr gegeben sein kann.

 

Medizinprodukt

Im Rahmen einer medizinisch-therapeutischen Behandlung dürfen nur Medizinprodukte eingesetzt werden. Der Einsatz von nicht explizit als Medizinprodukt gekennzeichneten Spangen ist zum einen ein Verstoß gegen das geltende Medizinprodukterecht2 und zum anderen übernimmt der Anwender sonst weitreichende Haftungsverantwortung für das eingesetzte Produkt. Der Gesetzgeber will hiermit sicherstellen, dass im Falle einer Haftungssituation Patienten oder andere geschädigte Personen einen Adressaten für Ansprüche erhalten. Es ist daher für Angehörige therapeutischer Berufe mit einem hohen persönlichen Risiko verbunden, Nicht-Medizinprodukte als Medizinprodukte einzusetzen, da sie möglicherweise vollumfänglich für Produktionsfehler oder Materialmängel haften müssten, die sie selbst nicht beeinflussen können. Um Medizinprodukte zu erkennen, muss auf die eindeutige und unmissverständliche Benennung des Produkts als Medizinprodukt durch den Hersteller auf Verpackung oder in der Gebrauchsanweisung geachtet werden.

 

Quellen

Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) und des Bun-desinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten. Ihre Einhaltung lässt gemäß §8 Abs. 1 MPBetreibV eine ordnungsgemäße Aufbereitung vermuten;

Gem. § 12 MPDG ist es untersagt, für eine medizinische Behandlung Produkte einzusetzen, deren Sicher-heit nicht zweifelsfrei belegt ist, wie es bei Medizinprodukten vorgesehen ist.

 

Unser Autor

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Sascha Ruß
Hygieneingenieur, B.Sc.
physikalisch-technischer Laborleiter,
Dozent für Hygiene und Mikrobiologie, Schlüchtern
www.hyg-blog.de