Podologen sind Spezialisten auf dem Gebiet der vegetativen Neuropathie (NP). Die professionelle, erfahrene Beurteilung des Hautbildes ist ein ganz wesentlicher Bestandteil jeder einzelnen Behandlung und eine unserer Kernkompetenzen. Was uns selbstverständlich erscheint, ist für unsere Patienten von großem Vorteil. Denn Neuropathie bedingte Komplikationen an der Haut können mit passgenauer Pflege langfristig in Schach gehalten werden, was Leid verhindert, und die Mobilität erhält.
Hautveränderungen durch vegetative NP
Nerven lassen sich mit Datenautobahnen vergleichen, die sensorische Informationen zum zentralen Prozessor (Gehirn und Rückenmark) transportieren, aber auch motorische Antworten für die Reaktion auf Reize ausliefern. Ein Teil dieser sensorisch-motorischen Vorgänge läuft unter unserer bewussten Kontrolle; vegetative Funktionen hingegen sind autonom, und können nicht (oder nur sehr gering) willentlich beeinflusst werden. Zu diesen unwillkürlichen Funktionen zählt auch die Steuerung von endogenen und exogenen Drüsen. Bei einer vegetativen Neuropathie kommt es zum langsamen Verlust der Schweißdrüsenabsonderung (Sezernierung oder Sekretion) und -motorik, der Sudomotorikstörung, in deren Folge die Haut immer trockener wird.
In der Praxis gibt es auch Beispiele für vegetative Regulierungsstörungen mit einer Überfunktion, wie z. B. das Salbengesicht bei der Parkinson-Krankheit oder übermäßiges Schwitzen bei Jugendlichen durch hormonelle Aktivitäten. Der Alltag in der Podologie wird dennoch zum Großteil von Schäden durch trockene Haut bestimmt.
Teufelskreis trockene Haut
Der Hydro-Lipidfilm der Haut bildet einen biochemischen Schutz gegen Keimbesiedelung, Eindringen von Fremdstoffen und mechanischer Schädigung von außen, und verhindert gleichzeitig das Verdunsten von Feuchtigkeit. Trockene Haut beginnt als schleichender Prozess, der die Hautbarriere angreift und in beide Richtungen durchlässiger macht.
Komplikationen
Durch eine vegetative Neuropathie mit Funktionsverlust der Schweißdrüsen treten folgende Komplikationen an den Füßen auf:
- Herabgesetzter Säureschutzmantel: Pilzinfektionen (Mykose) und Hautreizungen nehmen zu, es entsteht Juckreiz mit Verletzungsgefahr. Waschen trocknet zudem übermäßig aus. Denn die Regeneration nach dem normalen Händewaschen oder Duschen dauert mehrere Stunden; Die Haut ist in dieser Zeit durchlässig und angreifbar.
- Dünne Pergamenthaut: Sie bietet wenig Schutz vor Reibung und Druck; es kommt zu Rötungen, Druckschäden und Dekubitusgefahr.
- Unelastische Haut mit kleinen Fissuren: Die dünne Haut neigt zum Einreißen und Mini-Ablederungen. Zudem besteht Infektionsgefahr (Eintrittspforten für Erreger), z. B. Wundrose (Erysipel) im Zehenzwischenraum.
- Rauhe, schuppige Hyperkeratose: Hängenbleiben und Verletzungsgefahr durch abstehende Hautfetzchen, Entstehen von tieferen Rhagaden.
- Rhagaden, unelastische übermäßige Verhornung: Schlecht heilende Wunden, tiefe Eintrittspforten für Keime über einen längeren Zeitraum.
- Übermäßige Hyperkeratosen, Krustenbildung: Trauma und Einblutung unter harten Schwielen, Druckulkus (Malum perforans), chronische Wunden.
Am Ende dieser Kaskade stehen im schlimmsten Fall Komplikationen wie chronische Wunden, Minor- und Majoramputation, Hospitalisierung oder sogar eine lebensbedrohliche Sepsis. Eine konsequente Hautpflege und ein strenges Kontroll-Regime bilden die Voraussetzung dafür, dies zu verhindern.
Erfolgreiche Gegenmaßnahmen
Eine vegetative Neuropathie lässt sich nicht von innen heraus heilen. Wenn die Schweißdrüsenfunktion und damit Hautdurchfeuchtung reduziert ist, muss die Haut von außen genährt und geschützt werden. Und zum Glück funktioniert das ziemlich gut – vorausgesetzt Betroffene entwickeln eine Routine für ihre regelmäßige Hautpflege.
Welche Faktoren sind zielführend?
- Regelmäßige Pflege: Routine hilft, denn sie erfordert kein Nachdenken und keine Planung. Vorgeschädigte Haut kann aber die Pflege von außen nur begrenzt speichern, weshalb Phasen ohne Pflege Spuren hinterlassen. Die Regelmäßigkeit ist das A und O im Kampf gegen die Hautbarriere-Störung.
- Motivatoren: Untersuchungen zeigen, dass nicht das Fachwissen um gesundheitsfördernde Maßnahmen, sondern vor allem die Motivation die Adhärenz bei unseren Patienten fördert. Was sich zunächst einfach anhört, erfordert in der Realität ein Umdenken bei uns Fußspezialisten: Wir sollten versuchen, bei unseren Patienten Erfolgserlebnisse mit spürbaren Verbesserungen zu erreichen, um den Bezug zur Gesundheit erlebbar zu machen. Rückschläge dürfen für beide Seiten dazugehören, und sollten ernst genommen werden.
- Gute Produkte: Erfolg kann nur erlebbar sein, wenn das Produkt zum „Haut-Ziel“ passt, funktioniert und anwendbar ist. Kein leichtes Unterfangen, aber einleuchtend: Ein tolles Produkt mit spürbarem Vorher-Nachher-Effekt ist ein großer Motivator, und stellt gleichzeitig die Integrität der Haut sicher. Das erfordert gute Fach- und Marktkenntnisse der Therapeuten!
Beratung neu denken
Gute Hautpflege ist ein Dauerbrenner-Thema in der Praxis. Obwohl tägliches Eincremen und Kontrollieren im Vergleich zu den krankheitsbedingten Folgen nur einen Bruchteil an Geld und Lebenszeit kostet, betreibt nicht jeder unserer Patienten regelmäßig und motiviert Hautpflege. Was können wir tun? Neben der Fachkenntnis um Krankheitsprozesse und den dazu passenden Produkten sollten wir als Fuß-Experten unsere Beratungsgespräche auf den Prüfstand stellen. Die Gesprächsführung sollte das Bewusstsein der Patienten auf die sicht- und spürbaren Verbesserungen an der Haut durch erfolgreiches Pflegeverhalten lenken. Denn eigene Erfolge zu „feiern“ stärkt die Motivation und die Adhärenz.