An Zehen- oder Fingernägeln kann es durch Hautverletzungen und Eindringen von Mikroorganismen zu unspezifischen Nagelwall- oder Nagelbettentzündungen (Paronychie oder Panaritium) kommen.
Prädisponierende Faktoren sind:
- geschwächtes Immunsystem bei Diabetes mellitus;
- Durchblutungsstörungen;
- Immunerkrankungen;
- Infektionskrankheiten wie zum Beispiel HIV (Aids), Tuberkulose, Lues (Syphilis), desweiteren Alkoholabusus, Drogenmissbrauch oder
- chronische Grundkrankheiten.
Ebenso sind zusätzlich Menschen, die aufgrund ungünstiger oder beruflicher Infektionsquellen belastet sind, wie medizinisches Personal, Köche, Landwirte durch ständiges Tragen von Gummistiefeln, Beschäftigte in Wäschereien oder Fleischer hinsichtlich einer Nagelinfektion gefährdet.
Formen der Infektion
Unterschieden werden:
- Infektiöse Paronychie bzw. Panaritium, die durch Mikroorganismen infolge einer
Hautläsion in der Nagelregion ausgelöst wird.
- Nichtinfektiöse Paronychie bzw. Panaritium, die sich durch eine chemische
Schädigung bei Einnahme bestimmter Medikamente wie zum Beispiel Retinoide
(synthetische Derivate von Vitamin-A-Säure zur Therapie schwerer
Hauterkrankungen oder Leukämie) entwickeln kann. Bei dieser Form sind meistens
mehrere Zehen- oder Fingernägel betroffen.
Ursachen von Nagelwall- oder Nagelbettentzündungen
Panaritien beziehungsweise Paronychien entstehen durch Eindringen von Mikroorganismen, meistens Bakterien, durch Hautläsionen am Nagelwall, Nagelfalz oder Nagelhaut. Infrage kommt eine nichtfachgerechte Nagelpflege, die zu Hauteinrissen oder Schnittverletzungen führen kann. Des Weiteren kommen eingewachsene Nägel in Betracht. Bei Kleinkindern ist Fingerlutschen ursächlich verantwortlich. Ferner kommt bei größeren Kindern und Erwachsenen Nagelkauen oder Knibbeln infrage. Durch unpassendes Schuhwerk, zu hoch, zu eng, zu spitz, zu kurz oder zu enge und zu kurze Kompressionsstrümpfe besteht ebenfalls die Gefahr von Hautläsionen, die eine Eintrittspforte für Bakterien bietet (s. Fallbeispiel).
Klinische Symptomatik
Betroffene geben meistens stark pulsierende Spontanschmerzen an. Die Region des Nagels erscheint stark gerötet, geschwollen und ist bei Druck schmerzhaft. Oftmals bildet sich Eiter (Abb. 1). Typisch sind Schonhaltung und Funktionseinschränkung des Zehs oder Fingers. Häufig besteht eine Fluktuation (wellenförmige Flüssigkeitsbewegung) infolge lokal vorliegender seröser Flüssigkeit. Sind die Sehnenscheiden der Strecksehnen von der Infektion mit betroffen, erscheint besonders die passive Streckung des Zehs oder Fingers extrem schmerzhaft. Häufig befindet sich dann, zur Entlastung der Strecksehne, der Zeh oder Finger in leichter Beugestellung. Im weiteren Verlauf können Fieber und Schüttelfrost auftreten. Der Allgemeinzustand des oder der Betroffenen ist dann reduziert. Dehnt sich die
Infektion weiter aus, kann es zur Anschwellung der regionalen Lymphknoten (Lymphadenitis) und auch der Lymphbahnen (Lymphangitis) kommen.
Komplikationen
Breitet sich die Infektion in die Tiefe aus, kann sich eine ischämische Sehnennekrose (Zelltod) entwickeln. Bei Befall des Nagelbetts und weiterer Infektionsausbreitung besteht die Gefahr einer Gelenkinfektion. Ein möglicher periostaler Abszess mit Knochenbeteiligung ist die Folge einer bestehenden Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung) und später sogar einer Fistelbildung mit Eiterabsonderung. Im fortgeschrittenen Stadium kann eine systemische Infektion zur lebensbedrohlichen Sepsis führen.
Diagnostik
Risikofaktoren und Auslöser durch berufliche Tätigkeit können bereits durch Erhebung der Anamnese abgeklärt werden. Bestimmte Grundkrankheiten weisen oftmals schon auf ein geschwächtes Immunsystem hin. Anhand der klinischen Symptome und Inspektion des betroffenen Zehen- oder Fingernagels kann bereits die Diagnose gestellt werden. Weiterhin weisen erhöhte Entzündungsparameter wie zum Beispiel Blutsenkung (BSG), Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und C-reaktives Protein (CRP) auf eine vorliegende Infektion hin. Zur Erreger- und Resistenzbestimmung (Antibiogramm) erfolgt zeitnah ein Abstrich vom Eiterherd, um anschließend gezielt mit einer notwendigen Antibiotikumtherapie zu beginnen. Zum Ausschluss einer ossären Ausbreitung werden Röntgendiagnostik und/oder Magnetresonanztomografie (MRT) eingesetzt. Typische Befunde sind dann Entkalkung des Knochens, Verkleinerung des Gelenkspalts und gegebenenfalls Substanzverlust im Knochen.
Prophylaxe von Paronychie und Panaritium an den Zehen
Passende Schuhe aus atmungsaktivem Leder verhindern Druckschäden auch an den Fußnägeln. Weiterhin dürfen notwendige Kompressionsstrümpfe durch übermäßigen Druck, infolge falscher Größe, an den Zehennägeln nicht zu Hautverletzungen führen (Abb. 2a-b). Menschen mit Diabetes mellitus vor allem mit Polyneuropathie (Erkrankung der peripheren Nerven) sollten jeden Abend die Füße inklusive Zehennägel, Zehenzwischenräumen und die Fußsohlen mit einem Spiegel - gegebenenfalls bei Problemen durch eine Hilfsperson - auf Verletzungen ansehen. Dieses empfiehlt sich auch nach dem Tragen neuer Schuhe. Absonderungen wie zum Beispiel Sekret oder sogar Blut im Schuhinneren, auf Strümpfen oder notwendigen orthopädischen Maßeinlagen weisen immer auf eine Läsion am Fuß hin und bieten eine Eintrittspforte für Mikroorganismen mit Gefahr einer Infektion.
Bei der Pediküre ist darauf zu achten, die Nägel gerade und nicht zu kurz zu schneiden. Menschen mit Diabetes bzw. deren Hilfspersonen verwenden – soweit die Pediküre in Eigenregie und nicht ausschließlich durch podologisches Fachpersonal erfolgt – idealerweise keine Schneidwerkzeuge, sondern eine Sandblattfeile zum Kürzen der Nägel. Für deren Elastizität ist eine begleitende Nagelpflege (auch therapiebegleitend) empfehlenswert. Es bieten sich hierfür hochwertige lipid- und vitaminreiche Öle wie zum Beispiel Weizenkeimöl an. GEHWOL Nagel- und Hautschutz-Öl etwa kombiniert Weizenkeimöl in einer gut spreitfähigen Grundlage mit entzündungshemmendem Bisabolol und Panthenol.
Therapie
Als Hausmittel können bei geringer Entzündung des Nagels Kamillen- (nicht bei einer Allergie), Arnikaumschläge oder Teebaumöl angewendet werden. Fußbäder im handwarmen Wasser erweichen die Haut, fördern und erleichtern den Eiterabfluss. Ratsam ist eine Desinfektion mit Octenisept, das antimikrobakteriell wirkt (Abb. 3). Zur kurzzeitigen Immobilisierung dient ein Vorfußentlastungsschuh. Bei Nagelfalz- und Zehenkuppen-Problemen können zur Druckentlastung außerdem spezielle Zehenkappen eingesetzt werden, die als Medizinprodukte verfügbar sind und außen aus hochelastischem Textilgewebe sowie innen aus Polymer-Gel bestehen. Die Gel-Polsterung sorgt für eine effektive Druckumverteilung und Hautpflege (z.B. GEHWOL Zehenkappe ).
Nicht selbstbeherrschbare Infektionen an Zehen oder Fingern erfordern eine ärztliche Behandlung. Oftmals ist dann in Lokalanästhesie eine operative Sanierung mit Inzision (ein chirurgischer Einschnitt in ein Gewebe wie die Haut) und Einlegen einer Drainage notwendig. Entzündetes und gegebenenfalls abgestorbenes Gewebe wird bei der chirurgischen Intervention entfernt. Des Weiteren kommen postoperativ antibiotische Verbände, Ruhigstellung auf einer gepolsterten Schiene und täglicher Verbandwechsel infrage. Bei Panaritien mit Ausbreitung in die Tiefe kommt eine systemische Therapie mit einem Antibiotikum, um weitere schwere Folgen abzuwenden, in Betracht. Infektionen durch Pilze erfordern eine antimykotische Behandlung. Nichtinfektiöse Paronychien heilen nach Absetzen der auslösenden Mittel schnell ab. Behandlungen vom Fußspezialisten sind erst nach Abklingen der Infektion möglich.
Fallbeispiel