Als stärkste und längste Sehne beim Menschen stellt die Achillessehne eine Verbindung des Zwillingsmuskels (Triceps surae, dreiköpfiger Wadenmuskel) mit ihrem Ansatz am Fersenbein (Calcaneus) her. Bei einer Achillodynie handelt es sich um eine Reizung der Achillessehne mit heftigen Schmerzen. Betroffen sind vor allem Sportler mit Sprung- oder Laufdisziplinen, die eine geringe Dehnbarkeit der Sehne aufweisen, oder Menschen mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Achillessehne.
Ursachen der Achillodynie
Die Ursachen einer Achillodynie sind zahlreich. In Betracht kommen:
- eine Schleimbeutelentzündung (Bursitis) der Bursa subachillae (Schleimbeutel zwischen Calcaneus (Fersenbein) und Achillessehne) oder der Bursa praeachillae (Schleimbeutel zwischen Haut und Achillessehne);
- eine Entzündung des umgebenden Bindegewebes (Peritendinitis);
- eine abakterielle Entzündung der Achillessehne (Tendinitis);
- eine abakterielle Entzündung der Sehne oder Sehnenscheide in Ansatznähe am Fersenbein (Tendovaginitis);
- eine degenerative Veränderung am Achillessehnenursprung oder -ansatz (Tendinose).
Bei Sportlern können zudem einige exogene Einflüsse zur Achillodynie führen, wie zum Beispiel eine Überlastung durch in nicht angemessenes Training, ungünstige Bodenbeschaffenheiten, extreme Steigerung des Trainingsumfangs, unzureichendes Stretching, unpassendes Schuhwerk, Verletzungen (Traumata) oder rezidivierende Mikrotraumen und eine systemische oder lokale langzeitige Steroidtherapie. Interne Ursachen betreffen dagegen bestehende Fußdeformitäten wie zum Beispiel Plattfuß (Pes planus), Hohlfuß (Pes excavatus), Varus- oder Valgusfehlstellung des Rückfußes im Sinne eines Rotationsfehlers, Knorpelschaden (Chondropathie) in den Sprunggelenken, physiologische Alterung der Achillessehne, Stoffwechselstörungen (Diabetes mellitus, Fußgicht (Podagra)) oder seitliche (laterale) Kapsel-Band Schwäche (Insuffizienz).
Klinische Symptomatik
Anfangs geben Betroffene lokal einen stechenden belastungsabhängigen Schmerz in der seitlichen (lateral) Achillessehnenregion an. In der Folge können sich Druckschmerzen und Schwellungen mit zunehmendem Ausmaß entwickeln (Abb. 1 und 2). Eine Verstärkung des Schmerzes kann durch eine Streckung des Fußes (Dorsalextension) und gegebenenfalls bei Beugung des Fußes (Plantarflexion) ausgelöst werden. Oftmals ist eine geringe Überwärmung festzustellen. Gelegentlich treten beim Abtasten (Palpation) ein Reibegeräusch (Krepitation) im Gleitlager der Achillessehne auf. Außerdem ist eine Verhärtung in der Wadenregion zu tasten. Ein Einbeinzehenspitzenstand kann nicht ausgeführt werden (Abbildung 3). Im weiteren Verlauf kommt es zur schmerzhaften Einschränkung der Streckung des Fußes (Dorsalextension).
Diagnostik
Bei der Anamnese sollte die ausgeübte Disziplin des Sportlers abgeklärt werden. Ursächlich kommen besonders Sprint, Mittel- und Langstreckenlauf als Auslöser infrage. Beim klinischen typischen Zangengriff, zirka 2 bis 7 Zentimeter oberhalb des Achillessehnenansatzes, beim in Bauchlage befindlichen Betroffenen kann bereits in der Anfangsphase ein heftiger Schmerz ausgelöst werden. Im späteren Verlauf ist häufig eine spindelförmige Verdickung in der Achillessehne zu tasten. Ein Reibegeräusch (Krepitation) bei der Bewegungsüberprüfung des Fußes weist bereits auf eine Entzündung des Sehnengleitgewebes (Paratendinitis) hin. Liegt eine Stoffwechselstörung zugrunde, tritt eine Achillodynie meistens beiderseits auf. Entzündungsparameter wie zum Beispiel Blutsenkung, Leukozyten und CRP (c-reaktives Protein (Eiweiß)) liegen in der Regel im Normbereich.
Unverzichtbar ist bei der bildgebenden Diagnostik und Verlaufsbeurteilung die Sonografie (Ultraschalldiagnostik ohne Strahlenbelastung). Konventionelle Röntgenbilder des seitlichen Rückfußes und des Fersenbeins (Kalkaneus) axial sind zum Ausschluss eines dorsalen Fersensporns, einer Haglund-Exostose oder von Verkalkungen hilfreich. Die Magnetresonanztomografie (MRT) wird zur Weichteil- und Knochenbeurteilung eingesetzt (Abb. 4). Des Weiteren dienen die Bilder zum Ausschluss eines Teileinrisses (Partialruptur) der Achillessehne oder vor notwendiger Operation.
Differentialdiagnostisch sollten Erkrankungen mit zum Teil ähnlicher klinischer Symptomatik ausgeschlossen werden. Dazu zählen zum Beispiel Haglund-Exostose, dorsaler Fersensporn, Achillessehnenruptur, Weichteil- oder knöcherne (ossäre) Tumore, Tarsaltunnel-Syndrom (Engpasssyndrom des Nervus tibialis (Schienbeinnerv)), eine chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung (Morbus Bechterew) und rheumatoide Arthritis und Verlagerung der Sehne des Wadenbeinmuskels aufgrund einer Peronealsehnenluxation oder -subluxation).
Konservative Therapie
Im Vordergrund steht eine primär konservative Therapie. Zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung in der akuten Phase kommen NSAR (nicht steroidale Antirheumatika ohne Kortison), Kryotherapie, Hochlagerung des Fußes und eine Sportpause infrage. Weitere physikalische Maßnahmen betreffen im chronischen Stadium Wärmeanwendung, Iontophorese, Ultraschall und gegebenenfalls Stoßwellentherapie. Physiotherapeutisch sind dosiertes Stretching und Massagen zur Durchblutungsförderung der Wadenmuskulatur ratsam.
Mit einer orthopädieschuhtechnischen Versorgung, besonders in der Akutphase, lässt sich mithilfe von Pufferabsätzen, Fersenkissen oder Absatzerhöhung eine notwendige Fersendämpfung und -entlastung sich erzielen. Für das gegenseitige Bein sollte ein Fersenkissen zum Beinlängenausgleich verordnet werden. Eine Aktiv-Achillessehnenbandage – Achillo Train – kann zur Entlastung und Polsterung der Achillessehne beitragen (Abbildung 5), wiederum mit einem Fersenkissen auf der Gegenseite zum Beinlängenausgleich. Bei entzündlichen Reizzuständen im Rückfuß und in der Achillessehne sollte zur Abklärung der vorliegenden Ursache und Therapiebeginn ein Arzt konsultiert werden. Infolge einer verstärkten Vorfußbelastung sind oftmals Behandlungen beim Fußspezialisten zur Entfernung von Hyperkeratose (verstärkte Hornhaut), Hühneraugen (Clavi) oder Schwiele (Callositas) und Pflegeprodukte zu empfehlen.
Operative und postoperative Therapie
Ein operativer Eingriff (Intervention) erfolgt dann, wenn trotz intensiver konservativer Behandlung die Beschwerden fortbestehen oder zunehmen, eine therapieresistente und rezidivierende (wiederholte) Schleimbeutelentzündung (Bursitis) sowie eine schmerzhafte knöcherne Vorwölbung (ossäre Prominenz) am Fersenbein besteht. Infrage kommen Entfernung des Schleimbeutels (Bursektomie) oder bei lokaler verdickter Paratendinitis die Spaltung des Sehengleitgewebes (Paratenon) und Lösung der Achillessehne (Tenolyse). Bei notwendiger Entfernung eines größeren Areals der Achillessehne kann alternativ der Defekt durch eine Sehnenplastik des Sohlenspanners (Muskulus plantaris) –sogenannte Sehnendurchflechtung – ersetzt werden.
Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung in leichter Spitzfußstellung im Spezialschuh (Walker) für 3 bis 4 Tage. Wichtig ist eine frühfunktionelle Behandlung, die durch Anwendung mit Kryotherapie und manueller Lymphdrainage unterstützt werden kann. Passive Bewegungsübungen und isometrische Anspannübungen, die nicht über die Schmerzgrenze hinausgehen sollten, betreffen eine dosierte Streckung des Fußes (Dorsalextension) und Beugung des Fußes (Plantarflexion). Nach abgeschlossener Wundheilung sollte mit dem Belastungsaufbau begonnen werden. Als kinetische Übungen eignen sich zum Beispiel Radfahren auf einem Hometrainer oder Schwimmen. Dabei erweist sich eine Teilbelastung für 2 bis 3 Wochen als günstig. Stabilschuhe mit einer Absatzhöhe von 2,5 bis 3 Zentimetern, die wöchentlich um 0,5 Zentimeter reduziert werden, sind anfangs empfehlenswert. In der Regel können postoperativ nach etwa 4 Wochen bisher getragene Konfektionsschuhe wieder verwendet werden. Mit sportlichen Belastungen wie Sprungdisziplinen oder Laufen sollte erst nach etwa 8 bis 10 Wochen begonnen werden.
Fallbeispiele