Onycholyse: Formen, Behandlung und Prognose


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Eine Onycholyse liegt dann vor, wenn sich das Nagelbett von der Nagelplatte gelöst hat, und ein übermäßig breiter freier Nagelrand entsteht. Soweit die Theorie. In der Praxis gibt es vielfältige Erscheinungsformen von Ablösungen und Nagelbettatrophien, an denen sich Podologinnen und Podologen manchmal die Zähne ausbeißen: Zum einen, weil es keine 100-prozentige Heilmethode gibt, zum anderen, weil die Behandlungsversuche viel Zeit in Anspruch nehmen und die Geduld der Patienten strapazieren. Welche Formen und Behandlungsmöglichkeiten gibt es, und wie können wir die Prognose abschätzen?

 

Die klassische O-Lyse (Onycholyse)

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In diesen Fällen ist die Nagelplatte vollkommen normal, nur der auffällig breite, weiße freie Nagelrand ist als Symptom vorhanden. Die Ursache ist eine langanhaltende, relativ geringe Druckexposition durch Schuhe, Fuß- oder Zehenfehlstellungen, die von den Betroffenen gar nicht als krankmachend wahrgenommen wird, aber in der Summe zu einem Nagelbett-Infarkt führt. Dieser Befund wird leider dadurch bestätigt, dass es in diesen Fällen kein Mittel gibt, um das sichere Anwachsen zu garantieren. Ein Heilungsversprechen ist demnach nicht empfehlenswert. So frustrierend es ist, Therapeutin und Therapeut bleiben glaubwürdig, wenn die ungünstige Prognose ehrlich thematisiert wird.

Trotzdem können wir den Nägeln viel Gutes tun:

  • Pflege unter der Nagelplatte, um das Hyponychium zu schützen. Es soll sehr wenige Ausnahmefälle geben, in denen durch Pflegemaßnahmen unter dem freien Nagelrand die Anbindung wiederhergestellt wurde.
  • Passende Schuhe und Einlagen. Ein Spielraum für die Zehen verhindert ein Fortschreiten der Lyse.
  • Kein aggressives Ausreinigen (Sondierung mit dem Excavator).
  • Den Nagel nicht ohne Grund abschneiden, um Deformierungen der Zehenbeere mit Überwulstung und Wachstumsbehinderung vorzubeugen.
  • Der Nagel wird nur dann durch Prothetik ersetzt, wenn das natürliche Material nicht mehr vorhanden ist.

Wenn verdickte oder stark gerollte Nägel den Druck verstärken, kann durch die Nagelbehandlung auch das Nagelbett beeinflusst werden. Spangentherapie, dünner schleifen und geschmeidig pflegen nehmen den Druck (das Schuhwerk muss natürlich auch hier auf Passform untersucht und ausgewechselt werden). Die Prognose ist gerade bei eingerollten Nägeln gut, bei verdickten Nägeln aber abhängig von der Dauer der Schädigung unterschiedlich.

 

Weitere Formen der Onycholyse

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Tritt eine Onycholyse nach Unfällen oder Nagelextraktion auf, ist die Prognose abhängig davon, wie lange die Trauma-Folgen bereits bestehen. Eine kurzfristige Ablösung z.B. in Folge eines Hämatoms hat eine gute Regeneration, je ausgeprägter das Trauma war und je länger die Folgen bereits bestehen, desto schwieriger ist die Heilung.

Ein Therapie-Versuch sollte unbedingt gestartet werden, um Folgeprobleme zu verhindern (Gefahr des Abreißens, Schmerzen durch Scherkräfte am Nagel, Gangschwierigkeiten, psychische Belastung). Die Therapie sieht dabei immer gleich aus:

  • Züchten und Begleiten des Längenwachstums, z.B. mit Ringtamponade
  • geschmeidig halten der Nagelplatte, um die Remodellierung zu fördern, wenn nötig Formkorrektur (Spange)
  • Abflachen der umliegenden Weichteile (Apex und Nagelwälle, z.B. mit Tamponade oder Tape)
  • Ausfüllen übermäßiger Hohlräume mit Nagelmasse und Tamponade, um Scherkräfte zu reduzieren
  • Nagelteilersatz / Prothetik, um das Deformieren der Zehenbeere zu verringern

Nagelbettschäden können auch durch die Therapie selbst verursacht werden: Bei einer langen, ausgedehnten Onychomykosetherapie können Atrophien des Nagelbettes mit Deformierung von Zehenbeere und Nagelorgan kaum vermieden werden. Wichtig ist deshalb ein gutes Zeitmanagement und eine Begrenzung der Schleiftherapie, um die Folgen gegen die eigentlich gewünschte Wirkung abzuwägen. Die Prognose bei langjährigen „Schleifschäden“ ist überraschend gut: Mit Zeit und Geduld und unterstützender, weichhaltender Nagelpflege erholt sich die gesamte Zehenbeere mit den oben erwähnten Maßnahmen.

Die Onycholyse ist sowohl für die Betroffenen als auch für uns häufig frustrierend. Zwar können wir mit sanften Regenerationsmaßnahmen leider keine Heilung herbeizaubern, aber den Nagel (und damit den Patienten) unterstützen und Folgeprobleme verhindern.

 

Unsere Autorin

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Anja Stoffel 
Physiotherapeutin und Podologin B.Sc. und sek. HP 
Fachdozentin und Praxisanleiterin für Berufe im Gesundheitswesen, Karlstein 
www.podovision.de
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